Rentenkonzept

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Eine garantierte staatliche Alterssicherung für alle Bundesbürger auf Aktienbasis

von Klaus-Uwe Becker, 08.12.2025

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Grafik: D. Mark

Über die Rente wird in diesen Tagen berechtigterweise heftig diskutiert. Retail Investor unterbreitet zu diesem Thema nun einen eigenen Vorschlag, von dem wir glauben, dass er einen erheblichen Vorteil gegenüber allen bisher diskutierten Vorschlägen aufweist. Wir haben uns erlaubt, unser Rentenkonzept dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zukommen zu lassen. Aber bitte lesen Sie selbst!

Das Konzept eines staatlichen Bürgerfonds

Zwecks Altersvorsorge wird jeder Bundesbürger bei Geburt mit einem staatlichen Grundkapital in Höhe von EUR 15.000 ausgestattet. Über einen noch zu gründenden staatlichen Bürgerfonds wird dieser Betrag, der um die jährliche Inflationsrate anzupassen ist, in Aktien investiert. Ginge man von einer optimistischen Zahl von ca. 700.000 Neugeborenen pro Jahr aus, würde das den Haushalt mit 10,5 Mrd. € p.a. belasten. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland laut Statista 677.117 Kinder geboren.

Rückführung des kostenlosen staatlichen Darlehens

Mit dem Eintritt in die Arbeitswelt wird dieses kostenlose staatliche Darlehen über die zu entrichtenden Rentenbeiträge zeitverzögert an den Staat zurückgeführt.

Vorfinanziert wird es über ein zu bildendes Sondervermögen, welches vom Darlehensnehmer über die anfallenden Rentenbeiträge zinslos zurückzuzahlen ist. Dem Staat entsteht eine Finanzierungslücke und ein Zinsverlust über einen geschätzten Zeitraum von 25 Jahren, ehe die ersten Rückzahlungen verbucht werden können.

Den Zinseszinseffekt maximal nutzen

Das zinslose Staatsdarlehen ermöglicht jedem Bundesbürger, über den maximal möglichen Zeitraum vom Zinseszinseffekt zu profitieren. 

Durch diese vom Staat zur Geburt vorgestreckten 15.000 Euro wirkt sich der Zinseszinseffekt, je nach Renteneintrittsalter, über eine Zeitspanne von 65 oder 67 Jahren aus. Rechnete man die von uns mit 30 Jahren opulent bemessene Zeitspanne der Kapitalentnahmephase hinzu, wären es sogar 95 Jahre. Diese Sichtweise ist legitim, denn in der Entnahmephase werden noch weitere Zinsgewinne erzielt.

Details zur Entnahmephase

Mit Beginn des 65. bzw. 67. Lebensjahres wird das erwirtschaftete Vermögen über den Zeitraum von 30 Jahren als monatliche Rente ausgezahlt (Kapitalentnahmephase). Unsere Berechnungen basieren auf einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 95 Jahren und liegen damit um fast anderthalb Dekaden über den aktuellen Daten. Dadurch wird ein ganz erheblicher erster Puffer in das System eingebaut, der eventuelle Schwankungen am Aktienmarkt kompensieren dürfte.

Ein weiterer Puffer ergibt sich aus der niedrigen Verzinsung, die für die Phase des Kapitalverzehrs angesetzt wurde. Hier wurde lediglich von einer weiteren Verzinsung des Vermögens von 4% ausgegangen.

Bei der aktuellen durchschnittlichen Lebenserwartung der Bundesbürger/innen ist zu erwarten, dass die individuellen Rentenaccounts zum Todeszeitpunkt des Rentenempfängers mehrheitlich noch ein beträchtliches Vermögen ausweisen dürften. Vor diesem Hintergrund könnte darüber nachgedacht werden, diesen Restbetrag hälftig zur langfristigen Absicherung des Bürgerfonds einzubehalten, die andere Hälfte aber z.B. den Nachkommen des Rentenempfängers zukommen zu lassen.

Traditionelle Grundrente als Additum

Nachdem das zinslose Darlehen über 15.000 Euro an den Staat zurückgeführt worden ist, werden die üblichen Rentenbeitragszahlungen aufgenommen. Der daraus erworbene Rentenanspruch ist ein zusätzliches, wenn auch erheblich kleineres, Renten-Additum neben der Aktienrente. Unserer Einschätzung nach, dürfte ein Durchschnittsverdiener nach ca. 10 Jahren seinen zinslosen Kredit über seine Rentenbeiträge zurückgezahlt haben.  

Investitionsstrategie

Das Kapital wird zu einem noch zu definierenden Prozentsatz in Aktien deutscher sowie ausländischer Unternehmen über einen staatlich gemanagten Aktienbürgerfonds investiert.

Dabei wird eine Buy-and-Hold Strategie verfolgt, über die sich der Fonds als Langfristinvestor und nicht als Spekulant definiert. Kurzfristiges Traden erfolgt nicht.

Auf Investments in festverzinsliche Wertpapiere wird ausdrücklich verzichtet, weil deren Renditen erheblich unterhalb der langfristigen Aktienrendite liegt.

Investments in den deutschen Aktienindex verfolgen bewusst die Strategie, deutschen Unternehmen benötigtes Kapital in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Sie sind aber auch als Kontrapunkt einer Entwicklung zu interpretieren, der zufolge immer mehr deutsche Unternehmensanteile sowie deren Gewinne in ausländischen Besitz abwandern. 

Besteuerung der Renten

Hätte sich dieses System einmal etabliert, könnten die aus dem Bundeshaushalt kommenden hohen Zuschüsse für die Rentenkasse, nachhaltig zurückgefahren werden. Diese Ersparnisse könnten dazu verwendet werden, die Besteuerung der aktienbasierten Rente auf sehr niedrigem Niveau zu halten.

Grafik Money
Money – Created by Grok, refined by D.Mark

Ergebnisse (Tab. 1)

Aufgrund des Zinseszinseffekts ergeben unsere Berechnungen eine große Vermögensbandbreite nach einer Anlagezeit von 65 Jahren. Sie reicht von 486.968,80 EUR bei 5,5% Rendite über 899.116,08 EUR bei 6,5% Rendite bis zu erstaunlichen 1.650.598,46 EUR bei 7,5% Rendite.

Die auf 30 Jahre abgezinsten und inflationsbereinigten Bruttorenten würden sich in identischer Reihenfolge auf die gleichfalls erstaunlich hohen Werte von: 2.297,02 EUR, 4.241,11 EUR und 7.785,84 EUR belaufen.

Das eingangs erwähnte, konventionell erarbeitete Renten-Additum käme dann quasi noch als Grundrenten-Bonus dazu.

Dringt man etwas tiefer in die Analyse der Ergebnisse ein, stellen sich natürlich auch einige berechtigte Fragen. Zum Beispiel die Frage nach dem Umgang mit Zuwanderung. Erhalten auch Zuwanderer das zinslose staatliche Darlehen? Erhalten auch sie eine auf 65 Ansparjahre berechnete Rente, oder nur den Ertrag, der ihnen nach ihrer individuellen Ansparzeit zusteht?

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Validierung der angesetzten Renditeerwartungen

Die nachfolgende Tabelle (Tab. 2) zeigt die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten des DAX, S&P 500 sowie des Dow Jones Global Titan Indexes über unterschiedlich lange Zeiträume. Die über die angepassten Schlusskurse (Quelle: Yahoo Finance US) berechneten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten betragen 8,60% für den DAX, 8,79% für den S&P 500 sowie 12,05% (Total Return) für den Global Titans Index.

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Die angebliche Rendite- und Volatilitätsproblematik

Ein beliebtes Argument der Gegner einer aktienbasierten Rente ist die angebliche hohe Volatilität (Ausmaß der Kursschwankungen) und das zu geringe Kurswachstum von Aktien.

In seinem Buch – Langfristig Investieren – berechnet J.J. Siegel, renommierter Finanzprofessor an der Wharton School der Universität von Pennsylvania, die durchschnittlichen, jährlichen Aktienrenditen über einen Zeitraum von 1802 bis 2001. Er kommt zu folgenden erstaunlichen Ergebnissen:

Die durchschnittliche, jährliche, inflationsbereinigte Wachstumsrate amerikanischer Aktien lag über einen Zeitraum von 200 Jahren bei 6,9%.

Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von 3,0% entspricht eine Aktien-Realrendite von 7,0% einer Bruttorendite von 10,2% in Währungseinheiten.

Mit 7,0%, 6,6% sowie 6,9% weisen alle drei von Siegel analysierten Subperioden eine außerordentlich hohe Stabilität auf.

Trotz der enormen Inflationsentwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg betrug die Realrendite in diesem Zeitraum 7,1% per annum und entspricht damit fast exakt der Rendite der vorangegangenen 125 Jahre.

Statistik Jeremy Siegel
Quelle: S. 28 - Langfristig Investieren, Jeremy, J, Siegel, FBV, ISBN 978-3-89879-780-1

Begründung der angesetzten Renditewerte

Für unsere Berechnungen der Vermögenswerte des Einmalinvestments in Höhe von 15.000 EUR über den Zeitraum von 65 Jahren setzen wir inflationsbereinigte Renditen von 5,5%, 6.5% sowie 7,50% an und liegen damit zum Teil unter den von J.J. Siegel ermittelten Werten.

Fazit:

Ein Staat hat die moralische Pflicht und den sozialstaatlichen Auftrag, seinen Bürgern das bestmögliche Rentensystem zu garantieren. Ansonsten versündigt er sich an Generationen von Bürgern, die weit unter dem maximal möglichen Rentenniveau leben müssen, nur weil es den Verantwortlichen an Einsichtsfähigkeit und Entschlossenheit mangelt.

Es liegt in der Natur der Dinge, dass mit jedem Modell Vor- aber auch Nachteile verbunden sind. Der implizite Nachteil, resultierend aus dem Vorhalten eines zinslosen Darlehens über einen langen Zeitraum, wird jedoch durch eine phänomenale Effektivität des Konzepts mehr als kompensiert. Es ist allerdings die Frage, ob in der heutigen Politik noch die erforderliche Bereitschaft existiert, derartig langfristig planen und denken zu wollen, um dieses sinnvolle Konzept zu implementieren.

Bild Kai

Disclaimer:

Jeder Artikel gibt die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Diese ist das Ergebnis eigener Recherchen, die nach bestem Wissen und Gewissen und mit großer Sorgfalt durchgeführt worden sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Wertpapierberatung bzw. Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren. Vorsorglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Wertpapieren mit gewissen Risiken verbunden ist, mit Risiken, die im schlimmsten Fall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.

Es wird ferner darauf verwiesen, dass Wertpapierkäufe auf sorgfältige eigene Analysen und Recherchen gegründet sein sollten. Weder Retail Investor noch der/die Verfasser eines Artikels haften für etwaig entstandene Verluste.  

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