Teil 1
von Klaus-Uwe Becker, 26.04.2025

Die Zeit für die Lektüre
dieser Artikelserie ist ein nachhaltiges
Investment in die eigene Zukunft!
Das Anfängerproblem
Geld ist etwas, wofür Menschen im großen Normalfall schwer gearbeitet haben und für das sie Konsumverzicht geübt haben. Dieses Geld investieren viele Börsenanfänger reichlich planlos und unstrukturiert, meist mit einem hohen Ziel, oft jedoch ohne Strategie. Man folgt dem „guten“ Tipp eines Bekannten, eines vermeintlichen Experten oder investiert einfach in das, worüber man gerade gelesen hat.
Dabei überlässt man das eigene Geld Fremden, Bankberatern oder Fondsmanagern, die sich als Experten ausgeben und große Versprechungen machen. Erfolgslosigkeit und die daraus resultierenden Verluste bleiben für diese aber ohne Konsequenzen, für den Anleger jedoch nicht. Insbesondere relativ junge Menschen, gehen mit dem Erstinvestment meist ins große Risiko. Sichere Aktien sind ja langweilig. No Risk – No Fun, ist das leichtsinnig propagierte Motto, dem man auf dem Weg zum mutmaßlich schnellen Reichtum gedankenlos folgt. Geduld und Ausdauer gehören dabei eher nicht zu den herausragenden Tugenden, mit denen Erstinvestoren ausgestattet sind.
So verschließt sich für diese Menschen, im sehr wahrscheinlichen Falle eines anfänglichen Misserfolgs, ein wesentlicher Weg zum sozialen Aufstieg. Den wohl zweitbedeutendsten Weg zu nachhaltigem Wohlstand nimmt man sich durch unkluges, unachtsames Agieren selbstverschuldet. An legalen Wegen verbleibt, auf die berufliche, sportliche, künstlerische Karriere oder den Sechser im Lotto zu setzen. Aus Mangel an Talent muss sich die große Masse auf die berufliche Schiene oder den Lottoschein verlassen.

Die Strategie
Das Besondere an unserer Strategie, der wir die etwas sperrige Bezeichnung – Kompetenzorientierte, Modulare Investmentstrategie (KMI) – gegeben haben, besteht darin, dass sie unterschiedliche Investitionsansätze zur Erzeugung von nachhaltigem Wohlstand zu einem ganzheitlichen Konzept verbindet. Als nach Schwierigkeitsgrad und individuellen Kompetenzen abgestuftes Modell, verbindet es die Vorteile verschiedener Investitionsansätze zu einem ganzheitlichen Konzept. Dafür kombinieren wir Passives Einkommen mit Wachstumswerten, die sich auf unterschiedlichen Stufen der Unternehmensentwicklung befinden. Es ist auch ein Konzept, das als Prozess über die Jahre modular eingesetzt werden kann. Aufgrund fehlender Erfahrung, sollte es von Anfängern zu Beginn nicht in Gänze bedient werden. Mit zunehmender Zeit und dem damit verbundenen Erfahrungs- und Kompetenzzuwachs qualifiziert sich der Investor quasi selbst für die komplette KMI-Strategie. Interessant ist, dass jede der einzelnen vier Strategie-Stufen auf einem unterschiedlich hohen Kompetenzniveau bespielt werden kann.
Wendet man die KMI-Strategie in ihrer ganzen Bandbreite an, dürfte das langfristige Verlustrisiko gering, die Erfolgswahrscheinlichkeit hoch sein. Wenn wir bei Retail Investor von Langfristigkeit sprechen, bedeutet dies, wie immer, einen Anlagehorizont von wenigstens 30 bis 40 Jahren. Im Idealfall meint es sogar eine generationsübergreifende Perspektive.
Die einzelnen Stufen
Zuerst werden wir die unterschiedlichen Stufen der KMI-Investmentstrategie grob umreißen. Im späteren Verlauf des Textes bzw. dieser Artikelserie werden wir uns aber auch mit den notwendigen Details auseinandersetzen.
In der Stufe 1, der Anfängerphase, wird ausschließlich in Aktien investiert, die regelmäßig Quartalsdividenden ausschütten und diese auch im Jahresrhythmus erhöhen. Unser Fokus liegt dabei auf der Erhöhung des Einkommens (Passive Income), das dann wieder reinvestiert werden soll. Die Auswahl der Aktien, in die investiert wird, erfolgt nach bestimmten Kriterien aus einem überschaubaren, fest definierten Reservoir von Papieren. Dies dürfte Anfänger nicht überfordern.

Die Stufe 2 befasst sich mit Investments in Aktien sogenannter Marktführer (Corporate Leaders). Unter Marktführern versteht man Unternehmen, die in einer Branche eine Spitzenstellung besitzen. Für viele andere Anbieter sind sie eine Orientierungsgröße. Es gibt unterschiedliche Kategorien von Marktführerschaft z.B. Image-, Design- oder Innovationsführerschaft. In dieser Stufe setzen wir ausschließlich auf leicht identifizierbare, bestätigte Markführer. Als bestätigt würden wir sie ansehen, wenn sie im Bewusstsein der großen Allgemeinheit fest verankert sind. Aktuell würde dies zum Beispiel für Werte wie Apple, Netflix, Microsoft, Nvidia, Amazon, Alphabet etc. gelten. Aber auch Aktiengesellschaften, wie z.B. Caterpillar, Eli Lilly, Deere, JP Morgan Chase gehören in diese Kategorie; auch wenn es sich dabei um erheblich ältere Unternehmen handelt. Der Fokus liegt hier darauf, ein größeres Kurswachstum zu erzielen, ein Kurswachstum, das optimalerweise knapp zweistellig ausfällt.
Corporate Leaders schütten teilweise auch Dividenden aus. Allerdings liegt diese im großen Normalfall erheblich unterhalb des Dividendenniveaus unserer Stufe 1 Dividendenaktien.
Mit der Stufe 3 verlassen wir die Anfänger und Fortgeschrittenen Ebene. Bei dem Versuch, Anwärter auf Marktführerschaft zu identifizieren, konzentrieren wir uns sowohl auf bereits bestätige, als auch auf unbestätigte Kandidaten. Dieses, alles andere als leichte Unterfangen, setzt auf Werte, die sich in der stürmischen Unternehmens-Wachstumsphase befinden, die von erfolgreichen Aktiengesellschaften durchlaufen wird. Unsere Erwartungshaltung liegt dabei bei Kurswachstumsraten von um die 20 Prozent pro Jahr. Dividendenzahlungen sind in diesem Börsensegment jedoch kaum zu erwarten. Denn jeden Gewinn, wenn er überhaupt schon erwirtschaftet wird, investieren diese Unternehmen normalerweise in weiteres Wachstum. Bestätigte Anwärter auf Marktführerschaft, wie z.B. eine Shopify oder The Trade Desk Aktie, können vergleichsweise einfach anhand bestimmter Merkmale identifiziert werden.
Die Identifizierung bisher unbestätigter Kandidaten ist jedoch mit einem erheblich größeren Aufwand verbunden. Sie erfordert natürlich auch ein höheres Maß an Fachwissen und mehr Arbeitseinsatz. Auch wenn das erwartete, hohe Kurswachstum verlockend ist, sollte dieses Strategiemodul nur von erfahrenen Investoren bespielt werden.
Das zuletzt Gesagte gilt in ganz besonderem Maße auch für die finale Stufe 4. Explosives Kurswachstum ist das verlockende Ziel, dass man hier vor Augen hat. Die goldene Gans bzw. der schnelle Weg zum Reichtum ist der wohl attraktivste Anreiz für Investoren. Kursverdopplungen und noch viel mehr sind möglich; aber Vorsicht, das Ausfallrisiko ist erheblich.
So verlockend es klingt, so schwierig ist es, bei den Micro- und Small-Cap Aktien, die hier im Mittelpunkt des Interesses stehen, eine Trefferquote oberhalb des Faktors Zufall zu erzielen. Aus diesem Grund sollten sich nur sehr erfahrene und akribisch recherchierende Investoren in dieses Segment wagen. Die dabei riskierte Summe sollte 10 bis 15% des Gesamtdepotwertes nicht überschreiten.

Wie durch die Skizzierung der einzelnen Module deutlich geworden ist, kann die KMI-Strategie auf unterschiedlichen Niveaustufen angewendet werden. Diejenigen, die sich nicht allzu tief in die Materie einarbeiten wollen, können das Investieren in frühe, potenzielle Wachstumskandidaten komplett ausblenden und ausschließlich auf bereits bestätigte Marktführer (Stufe 2) sowie Dividendenpapiere (Stufe 1) setzen. Ab einer bestimmten Erfahrungsstufe kann man dann auch bereits bestätigte Anwärter auf Marktführerschaft identifizieren.
Aber auch jede einzelne Strategie Stufe für sich genommen, kann zum Erfolg führen. Aufgrund der geringen Streuung können dann jedoch Zweifel aufkommen, ob grobe Fehlentscheidungen bei der Auswahl einzelner Aktien, den Gesamterfolg nicht stark infrage stellen können.
Die Faktoren Zeit, Erfolg und Risiko
Der aber vielleicht wesentliche Faktor, der über der gesamten Strategie schwebt, ist der lange Atem, also der sehr lange, wenn nicht sogar ultralange Anlagehorizont, den wir propagieren. Ein Horizont, der sich wenigstens über einen Zeitraum von 30 Jahren erstreckt, wenn nicht sogar generationsübergreifend ausgerichtet sein sollte. Dies ist erforderlich, damit der Zinseszinseffekt für den Anleger seine maximale Power entfalten kann.
Gerade für den Kleinanleger, der keine Millionenbeträge investieren kann, ist der Zinseszinseffekt der wichtigste Partner. Denn nur dieser verhilft ihm, zu einem Millionenvermögen. Eine Geldanlagestrategie, die dies nicht berücksichtigt, mutiert oft zum Glücksspiel. Erfolg in kurzen Zeiträumen bedeutet ganz automatisch ein erheblich größeres Maß an Risiko.
Aber auch ein weiterer Aspekt ist gerade für Anfänger von Bedeutung. Nicht selten werden die ersten Investments in Zeiten stark steigender Börsenkurse getätigt. Positive Nachrichten von den Börsen ermutigen den Anfänger, es den erfolgreichen Investoren gleichzutun. Mit der nächsten Börsen-Korrekturphase kippen dann alle Erstinvestments automatisch in die roten Zahlen. Die anfängliche Begeisterung und Motivation ist plötzlich verschwunden. Es fällt schwer zu warten, bis die Kurse sich wieder erholt haben. Manchmal dauert das sogar Jahre.
Erfahrene Investoren, die ihre Positionen über große Zeiträume halten, erleiden bei Börsenkorrekturen oder -crashes natürlich ebenfalls Kursverluste. Allerdings verweilen deren Werte dann oft immer noch in der Gewinnzone. „Lediglich“ der Gewinn hat sich geschmälert, in die Verlustzone ist das Depot insgesamt nicht gerutscht.
Ein konkretes Beispiel
Retail Investor hat über die Jahre von 2017 bis 2021 eine größere Position in AbbVie Aktien nach dem Cost-Average-Effekt zusammengekauft. Unser durchschnittlicher Einstandskurs liegt bei 91,35 USD. Selbst der durch Trumps Politik verursachte aktuelle Kursverlust hat uns nicht aus der Gewinnzone geworfen. Vom Höchstkurs von 218,66 USD ist der AbbVie Kurs aktuell auf 180,37 USD zurückgefallen (Schlusskurs 24.04.25). Diese Delle, die maximal bis zum nächsten Regierungswechsel andauern dürfte, sitzen wir, nicht im Geringsten beunruhigt, bequem aus. Die Dividendenrendite, berechnet auf unseren Einstandskurs, liegt übrigens aktuell bei 7,18% (6,56 USD Jahresdividende, bei 91,35 USD Einstandskurs).

Der absolute Kursgewinn hat sich von +139,37% auf nunmehr „nur noch“ +89,37% reduziert. Das durchschnittliche, jährliche Kurswachstum ist von +10,18% auf +7,85% zurückgefallen (Dividendenerträge nicht berücksichtigt). Die erste, 2017 gekaufte AbbVie Aktie hat in den 9 Jahren übrigens einen Dividendenertrag (vor Steuern) von insgesamt 41,39 USD erwirtschaftet. Es ist absehbar, dass spätestens in weiteren 6 Jahren dieses Papier seinen kompletten Einstandspreis an Bruttodividenden ausgeschüttet haben wird. Das ist ein oft wenig beachteter Aspekt des Ergebnisses von 9 Jahren Konsumverzicht und „Investitionsarbeit“, gerechnet vom ersten Kauf an.
Dieses Beispiel belegt eindrucksvoll, wie bedeutend der Faktor Zeit für den Investor ist und wie wirkungsvoll er arbeitet. Die nachfolgende Tabelle belegt dies noch einmal aus einer anderen Perspektive. Bei einer fixen, monatlichen Investitionssumme von 200 Euro weist sie sowohl die angefallenen Kursgewinne als auch das jeweils investierte Geld bei unterschiedlich langen Investitionszeiten aus.

Besonders schön zu sehen ist der generationsübergreifende Effekt des Zinseszinses, den wir bei Anlagezeiträumen von 50 und 80 Jahren unterstellen. Einen sagenhaften Wertzuwachs von 7,9 Millionen Euro erbringen die zusätzlichen 30 Jahre, wenn sie auf den Anlagehorizont von 50 Jahren draufgesattelt werden. Berücksichtigt man dazu noch, dass die ersten 50 Jahre „lediglich“ ein Vermögen von gut 1 Million erwirtschaftet haben, muss man eigentlich sehr nachdenklich werden.
Es wird aber auch deutlich, dass so ziemlich jeder, der monatlich 200 Euro investieren kann und sehr früh schlau genug ist, Millionär werden kann. Das von uns angesetzte, durchschnittliche Kurswachstum von 7% erfordert jedenfalls keine besondere Investorenleistung. Über die letzten 50 Jahre ist der Dow Jones Industrial Average um 7,5%, der S&P 500 über 10,5% und der DAX um 8,2% im statistischen, jährlichen Durchschnitt gewachsen.
Für die von uns vorgestellte KMI-Strategie gilt zudem, dass es für jeden Ansatz verschieden Niveaustufen gibt, auf denen man das Feld bespielen kann. Bei den Dividendenpapieren bestünde die einfachste Stufe darin, sich auf sogenannte Dividend Champions, Kings und Contenders zu konzentrieren. Das Kompetenzmerkmal des Investors würde sich auf die Auswahl aus der bestehenden Liste von Aktiengesellschaften beschränken. Nach relativ einfachen Merkmalen würden die Unternehmen, die für das eigene Depot in Frage kommen, ausgewählt. Dabei sollte die Streuung der Werte relativ groß sein.

Die Königsklasse dieses elementaren Moduls der Stufe 1 bestünde jedoch in einem wesentlich komplexeren Ansatz. Man würde sich dabei auch darauf konzentrieren, auf sogenannte Turnaround Kandidaten zu setzen. Auf Kandidaten, die in mehr oder weniger große unternehmerischen Schwierigkeiten geraten sind, deren Kurs stark nachgegeben hat und deren Dividende vor allem aufgrund des Kursrückgangs attraktiv hoch ist. Der niedrige Kurs würde dazu genutzt, eine möglichst große Stückzahl von Aktien zu erwerben, um später möglichst hohe Dividendeneinnahmen sowie einen ansprechenden Kursgewinn zu erzielen.
Konkretes Beispiel für einen derartigen Investitionsansatz ist unser Musterdepotwert Pfizer. Aufgrund des massiven Umsatzrückgangs aus dem Covid Geschäft sowie auslaufenden Patentschutzes für mehrere umsatzstarke Wirkstoffe, notiert dieses Papier seit geraumer Zeit um den eigenen Tiefstkurs herum. Wir können von Glück sprechen, dass die Gewinne noch so stabil sind, dass eine sehr attraktive Dividende gesichert ist.
Retail Investor ist seit einiger Zeit dabei, ein große Pfizer Position aufzubauen. Dass der Kurs schon ziemlich lange auf diesem niedrigen Niveau verweilt, kommt uns als geduldiger Langzeitinvestor dabei entgegen.
Im zweiten Teil der Artikelserie gehen wir näher auf die Stufe 1 der KMI-Strategie ein. Wir befassen uns dann mit den wesentlichen Faktoren, die bei der Anwendung beachtet werden sollten, um größtmöglichen Erfolg zu erzielen.
Disclaimer:
Jeder Artikel gibt die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Diese ist das Ergebnis eigener Recherchen, die nach bestem Wissen und Gewissen und mit großer Sorgfalt durchgeführt worden sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Wertpapierberatung bzw. Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren. Vorsorglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Wertpapieren mit gewissen Risiken verbunden ist, mit Risiken, die im schlimmsten Fall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.
Es wird ferner darauf verwiesen, dass Wertpapierkäufe auf sorgfältige eigene Analysen und Recherchen gegründet sein sollten. Weder Retail Investor noch der/die Verfasser eines Artikels haften für etwaig entstandene Verluste.
Retail Investor – Klaus-Uwe Becke
Hinweis
Retail Investor besitzt Aktien von AbbVie, Pfizer, Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon, Alphabet und JP Morgan Chase.

Klaus-Uwe Becker
Teil 2
von Klaus-Uwe Becker, 20.05.2025


KMI-Strategie – Stufe 1
Im ersten Teil der Artikelserie haben wir die von uns konzipierte Kompetenzorientierte Modulare Investmentstrategie, kurz KMI-Strategie vorgestellt. Im zweiten Teil befassen wir uns mit Stufe 1 – der Anfängerphase – und dringen dabei tiefer ins Detail vor. Dabei konzentrieren wir uns auf die Aspekte, auf die man achten sollte oder sogar muss.
Im Vordergrund stehen auf dieser Investment Stufe Aktien, die vergleichsweise hohe Dividendenrenditen erwirtschaften und das nachhaltig. Diese sollten Sie auch noch im Jahresrhythmus regelmäßig anheben.
Ziele und Bedeutung
Der Anleger erwirbt über die Dividenden ein sogenanntes passives Einkommen (Passive Income), dass er anfänglich wiederum in Aktien gleichen Zuschnitts reinvestiert. Sinn und Zweck dieses Unterfangens besteht darin, mittel- bis langfristig gesehen die monatliche Sparquote nach individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten zu erhöhen oder zu entlasten. Das finale Ziel ist es, die eigene Rente oder Pension bei Eintritt in den Ruhestand anzuheben, sie auf ein akzeptables Niveau zu bringen.
Der vielleicht wesentliche Aspekt, aber vor allem die Basis von KMI besteht darin, dass diese Strategie regelmäßig anwachsende Einnahmen in Form von Dividenden mit ausgewiesenem Dividendenwachstum, aber auch potenziellem Kurswachstum kombiniert. Retail Investor betrachtet sich als Forum für den Kleinanleger. Charakteristisch für diese sind die begrenzten Mittel – die geringe Höhe der monatlichen Sparquote – die für Aktienkäufe verwendet werden kann. Insofern ist diese Phase für den Kleinanleger von ganz besonderer Bedeutung, weil der nicht allzu große „Hebel“ einer geringen Sparquote langsam aber sicher über zunehmende Dividendenausschüttungen erhöht wird.
Aktien, die in regelmäßigem Rhythmus Quartalsdividenden zahlen und diese jedes Jahr anheben, sind die Seele unseres Geschäfts. Durch Reinvestieren der Dividende wird auf Dauer der monatliche Sparbetrag langsam aber sicher gesteigert, ohne den Investor zu immer größerem Konsumverzicht zu zwingen.
Die Quellen des Wohlstands und die zugrundeliegende Philosophie
Wie bereits angedeutet, befinden wir uns in der Anfängerphase, der niedrigsten Lernstufe in Bezug auf die Wertpapieranlage. Aus diesem Grund bedienen wir uns, etwas simplifizierend ausgedrückt, aus drei unterschiedlich definierten Wertpapierpools, den sogenannten Dividend Aristocrats/Champions, Dividend Kings sowie den Dividend Contenders. Was sich konkret hinter diesen Begriffen verbirgt, werden wir später noch genauer klären. Letztendlich handelt es um unterschiedliche Gruppen von Dividendenaktien, die ihre Ausschüttungen nachweislich über bestimmte Zeiträume nicht nur lückenlos aufrechterhalten haben, sondern sogar regelmäßig erhöht haben.
Insbesondere im US-amerikanischen Raum sind die Begriffe Dividend Contenders, Champions und Kings sehr bekannt. Wegen der weniger großzügigen Alterssicherungssysteme, sind viele US-Bürger darauf angewiesen, ihre monatlichen Ausgaben über den regelmäßigen Zufluss von Dividenden abzudecken. Idealerweise bedeutet das einen nie versiegenden, sich stetig erhöhenden Geldzufluss. Dieses Bedürfnis nach stabilen Einnahmequellen ist den US-amerikanischen Aktiengesellschaften natürlich bewusst. Sie versuchen es, durch quartalsmäßig ausgezahlte Dividenden zu befriedigen. Im Gegenzug sichert das den Unternehmen auch Investoren, die langfristig investiert bleiben und somit für eine gewisse Kurs- und Unternehmensstabilität sorgen. Hat ein US-Unternehmen erst einmal einen Dividendenstatus erreicht, verteidigt es diesen fast immer mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Ein derartiges Bewusstsein bzw. die dahinter liegende Philosophie, fehlt deutschen Unternehmen vollkommen. Unseres Wissens nach schüttet keine deutsche Aktiengesellschaft (AG) Dividenden im Dreimonatsrhythmus (Quartalsdividenden) aus. Wir halten dies für einen kapitalen Fehler der deutschen Aktiengesellschaften, der nicht gerade dazu beiträgt, Aktienkultur in Deutschland zu fördern. Allein diese Tatsache veranlasst uns dazu, zumindest auf der KMI-Stufe-1 deutsche Aktien zu meiden.
Unsere Quellen
Es existieren viele, meist englischsprachige Finanzseiten, die sich sehr ausführlich mit Dividendenaktien befassen, die einer der vorgenannten Kategorien zuzuordnen sind. Sie werden ständig aktualisiert, so dass man auf gut gepflegte, aktuelle Informationen zugreifen kann. Die Unternehmen, die die jeweils gesetzten Bedingungen erfüllen, werden aufgelistet, meist versehen mit der aktuellen Dividendenrendite, dem Börsenkurs sowie dem Ticker Sign etc.
Die Finanzseiten verfügen fast immer über einen kostenlos zugänglichen Bereich, aber auch über einen weiterführenden, der gegen eine Abogebühr abzurufen ist. Die für uns wesentlichen Aspekte sind überwiegend auf dem kostenfreien Teil dieser Finanzportale zu finden. Retail Investor möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir von keiner der im Folgenden genannten Finanzportale Vergütungen oder Provisionen erhalten. Das ist übrigens auch nicht bei Yahoo Finance US der Fall, eine der Infoquellen, auf die wir uns oft beziehen.

Das KMI-Stufe-1-Investment Revier
Die Begriffe, die in die Suchmaschine eingegeben werden müssen, sind quasi das Sesam-Öffne-Dich unserer Strategie.
Nachfolgend werden wir die wesentlichen Faktoren erläutern, die diese Kategorien definieren. Bei den entsprechenden Aktiengesellschaften handelt es sich fast immer um Aktiengesellschaften, die an den US-amerikanischen Börsen gehandelt werden.

Dividend Contenders (Anwärter) ist eine Gruppe von Aktiengesellschaften, die ihre Ausschüttungen an die Aktionäre über einen Zeitraum von 10 bis 24 aufeinanderfolgenden Jahren erhöht hat. Aktuell umfasst diese Gruppe 353 Aktiengesellschaften.
Die Liste der Dividend Champions oder Aristocrats besteht aus über 100 Unternehmen, die ihre Dividenden über mehr als 25 Jahre angehoben haben. Um das in Perspektive zu setzen, sei darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Aktiengesellschaften um eine Auswahl aus insgesamt fast 6.000 börsennotierten Unternehmen handelt.
Die durchschnittliche Dividendenrendite dieser Unternehmen liegt aktuell übrigens bei 2,93%. Das durchschnittliche Fünfjahresdividendenwachstum beträgt 5,91%, das Zehnjahreswachstum 6,72%.
Die Rendite dieser Dividend Champions lag, berechnet über die letzten 5 Jahre, bei +75,1%, während der S&P 500 in seiner Gesamtheit ein Wachstum von +106,8% aufweisen konnte.
Diese Wachstumsüberlegenheit des kompletten S&P 500 Indexes ist überwiegend in der Tatsache begründet, dass die extrem starken Wachstumswerte, die Magnificent Seven Aktien1), allesamt nicht in die Kategorie der Dividend Champions fallen.
Der Begriff Dividend Aristocrats ist eine vom Finanzdienstleister Standard & Poor’s Financial Services registrierte Handelsmarke, die aber weitgehend deckungsgleich mit der Bezeichnung Dividend Champion ist. Selbstredend müssen Dividend Aristocrats Mitglieder des S&P 500 sein, des von Standard and Poor’s im Jahre 1957 begründeten Indexes.
1) Magnificent Seven Aktien: Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft, Meta, Nvidia, Tesla

Dividend Kings weisen sogar eine 50-jährige Zeitspanne auf, über die sie ihre Dividenden regelmäßig angehoben haben.
Auch hier wird man schnell fündig, wenn man diesen Begriff in eine Internet Suchmaschine eingibt. Man erhält Listen der knapp über 50 AGs, sowie deren Dividendenrenditen bzw. Angaben zur Anzahl der Jahre, über die die Dividende gesteigert worden ist.
Dividend Achievers
Diese weitere Kategorie von Dividendenzahlern ist für die erste Stufe unserer KMI-Strategie nicht von Bedeutung. Sie besteht aus Aktien, die ihre Dividende über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren regelmäßig erhöht haben. Der Dividend Achiever Index umfasst ausschließlich NASDAQ AGs, die bestimmte Liquiditätsbedingungen erfüllen. Aktuell besteht dieser Index aus ca. 100 Unternehmen. Die Dividendenrendite derartiger Unternehmen befindet sich überwiegend auf einem niedrigen Niveau, welches für eine sinnvolle Erzeugung von passiven Einnahmen unzureichend ist. Wer einen extrem langen Atem hat, kann aber darauf setzen, dass sich im Laufe der Jahre die Dividendenrendite attraktiver gestaltet.
Caveats – Vorbehalte
Wenn es unser Ziel ist, das Passive Income so schnell wie möglich zu steigern, liegt es nahe, ausschließlich auf die Dividendenzahler mit den höchsten Dividendenrenditen zu setzen. Das wollen wir im Prinzip auch tun, müssen dabei jedoch einigen Risiken aus dem Weg gehen.
Der Ansatz, die Listen der Dividend Aristocrats/Champions, Kings und Contenders nach der Höhe der Dividenden anzuordnen und blind auf die Unternehmen mit der höchsten Rendite zu setzen, ist nicht sehr erfolgversprechend. Oft sind es Versorgungsunternehmen oder sogenannte REITs, die die Spitze der

Dividendenrenditen einnehmen. Manchmal findet man Unternehmen mit sagenhaften Renditen von um die 10%. Aber Vorsicht – diese sind leider meist nicht nachhaltig bzw. gehen zu Lasten eines möglichen Kursgewinnes. Insbesondere die REITs treten über längere Zeiträume betrachtet kurstechnisch oft auf der Stelle.
Seit Jahren hat die Immobilienbranche mit einer extrem hohen Kostenstruktur, der Konkurrenz durch den Online-Handel und dem daraus resultierenden zurückgehenden Bedarf an Büroflächen zu kämpfen. Aus diesen Gründen würden wir REITs grundsätzlich ausblenden.
Ähnliches gilt für Versorgungsunternehmen. Für diese existiert zwar ein stetig wachsender Bedarf, oft lassen allerdings die zu erwartenden Kursgewinne zu wünschen übrig.
Ein anderes, nicht zu unterschätzendes Problem sind Aktiengesellschaften, deren Geschäftsmodell grundlegend bedroht oder problematisch ist. Trotz der überragende Dividendenrendite von 6,93% (stand: 16.05.2025) würden wir den Marlboro Hersteller Altria Group nicht berücksichtigen. Der Tabakindustrie könnte ein langfristiger Umsatzrückgang, wenn nicht sogar Niedergang bevorstehen. Als langfristig orientierter Anleger würden wir daran nicht unbedingt teilhaben wollen.
Was Dividenden Investoren beachten sollten
Die Grundlage unserer Strategie beruht, wie bereits mehrfach erwähnt, auf der Erwartung ständig wachsender Dividendeneinnahmen. Das setzt voraus, dass wir uns auf Anlageziele konzentrieren, die genau dieses gewährleisten können.
Als hohe Dividendenrendite sehen wir Werte nördlich der 4 Prozentgrenze an. Nach Kapitalertragssteuerabzug verbleibt dem Investor dabei eine Nettorendite von rund 3 Prozent (Soli und evtl. anfallende Kirchensteuer unberücksichtigt). Eine Nettorendite von knapp 3 Prozent betrachten wir als attraktiven Wert.
Aktienkennzahlen und Fakten, die wir dabei besonders im Auge behalten müssten und von Zeit zu Zeit überprüft werden sollten, sind:
- Umsatz, Schulden, Cash Flow und Cashbestand
- Ausschüttungsquote
- Zukäufe
- Grundlegende Veränderungen des Geschäftsmodells bzw. auslaufender Patentschutz bei Pharmaherstellern
Umsatz, Schulden, Free Cash Flow und Cash
Ein zu hoher Verschuldungsgrad kann sich natürlich massiv auf den Börsenkurs eines Unternehmens auswirken. Letztendlich kann er sogar das ganze Unternehmen in den Konkurs treiben, wenn denn ein erdrückendes Niveau erreicht ist. Es ist allerdings auch besonders wichtig, genau hinzuschauen, woher diese Schulden stammen und ob sie in einem überschaubaren Zeitrahmen auf ein vernünftiges, tolerierbares Niveau zurückgeführt werden können.
Ein Unternehmenszukauf, der etwas teurer geworden ist als geplant, würde uns immer dann nicht beunruhigen, wenn der erwirtschaftete Cash Flow1) (Kapitalfluss des Unternehmens) das Zurückzahlen der Kredite gewährleistet.
1) Der Cashflow ist eine wichtige Kennzahl, die die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens darstellt. Ein positiver Cashflow bedeutet, dass das Unternehmen über ausreichend liquide Mittel verfügt, um die laufenden Ausgaben zu decken und Investitionen zu tätigen.
Die folgende Tabelle vergleicht wesentliche Kennzahlen der drei Pharmaunternehmen AbbVie (ABBV), Pfizer (PFE) und Amgen (AMGN). Wir werden versuchen, diese Zahlen ins richtige Licht zu rücken und sie im Hinblick auf das nachhaltige Potenzial dieser Unternehmen zu bewerten.

Die Gesamtschulden der Pharmakonzerne AbbVie und Amgen liegen in etwa auf Jahresumsatzniveau. Die Cash Position von Pfizer ist zwar erheblich niedriger als die von AbbVie und Amgen, steigt jedoch an. In 2024 betrug sie lediglich 1,107 Mrd. USD. Aktuell ist sie auf 1,526 Mrd. USD angewachsen.
Wichtig ist, alle Unternehmen wären in der Lage, ihre Schulden über den kompletten Free Cash Flow innerhalb von 5 – 6 Jahren vollständig zu begleichen. Die Umsätze von PFE haben eine leichte Aufwärtstendenz (PFE), die von ABBV und AMGN nehmen sogar deutlich zu.
Amgen weist insgesamt die stärksten Zahlen aus. Die Börse schätzt und honoriert dabei insbesondere zwei Gesichtspunkte.
Obwohl die Gesamtverschuldung in Bezug auf den gemachten Umsatz fast doppelt so hoch ist wie bei den anderen Pharmaherstellern, weist Amgen seit 2021 kontinuierliche Umsatzzuwächse auf. Was die Börse daran ganz besonders liebt, ist, dass der Free Cash Flow (10,915 Mrd. USD) über die letzten drei Jahre kontinuierlich fast ein Drittel des Umsatzes (34,126 Mrd. USD) ausmacht. Das spiegelt sich natürlich auch durch ein vergleichsweise hohes EPS (Earning Per Share/Verdienst pro Aktie) von 20,79 USD wider.
Wer also extrem sicher schlafen möchte und das Risiko nochmals minimieren möchte, ist mit einer Amgen sehr gut bedient. Leider liegt aus diesen Gründen aber auch die Dividendenrendite (3,56%) um gut 50% unterhalb der von Pfizer (7,53%).
All diese Kennzahlen und Checks dürften auf einen Anfänger ziemlich abschreckend wirken. Ihm dürften Fragen nach der Quelle der Daten, aber auch Verständnisfragen durch den Kopf gehen. Das sollte ihn jedoch nicht von einem Aktienkauf abhalten. Würde man als Basisinvestment z.B. einfach zu gleichen Teilen in diese aufgeführten Unternehmen investieren, wäre auf lange Sicht das Verlustrisiko relativ gering. Natürlich ist man dann noch nicht branchenübergreifend investiert. Dieses Manko kann man jedoch im Jahre zwei bis drei seiner Investmentkarriere langsam auflösen, indem man Aktien aus anderen Branchen gezielt in sein Depot aufnimmt. Die erste erworbene Aktie vereinigt grundsätzlich das größte Risiko auf sich. Ist sie jedoch klug gewählt, erwirtschaftet sie den höchsten Gewinn, weil sie sich die längste Zeit im Depot befindet und der Zinseszins seine maximale Wirkung entfalten kann. Wie immer gehen wir von einem sehr langen Anlagehorizont aus.
Umsatzwachstum
Im Idealfall wünschen wir uns ein Unternehmen, das regelmäßige Umsatzzuwächse bei einem mitwachsendem EPS für sich verbuchen kann. Phasen mit stagnierendem Wachstum oder sogar mit Umsatzrückgang würden wir tolerieren, wenn unsere Aktiengesellschaft in einer zyklischen Branche operiert, aber auch, wenn sich das Unternehmen in einer aussichtsreichen Umstrukturierungsphase befindet, die in absehbarer Zeit Wirkung zeigt. Auch auslaufende Patente auf umsatzstarke Medikamente von Pharmaunternehmen würden wir zu einer solchen Situation zählen.
Nach 3 bis 5 Jahren, ohne deutlich erkennbare Fortschritte, die sich an Zahlen festmachen lassen, würden wir uns von einem Wert notfalls auch trennen.

Ausschüttungsquote
Die Ausschüttungsquote ist der Prozentsatz des Unternehmensgewinns, der als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt wird. Diese Kennzahl kann verwendet werden, um die Nachhaltigkeit der Dividendenpolitik eines Unternehmens zu bewerten. Als gesundes Maß wird ein Ausschüttungsprozentsatz im Bereich von 40% – 60% des EPS angesehen. Wird dieser Wert in einem Jahr wegen Sonderbelastungen oder Akquisen stark in die Höhe getrieben, wäre dies für uns kein Problem. Selbst wenn die Dividende über ein bis zwei Jahre aus der Cash Reserve gezahlt wird, um durch eine Kürzung oder das vollständige Aussetzen der Dividende, den erreichten Dividendenstatus nicht zu verlieren, würden wir dies tolerieren.
Grundsätzlich gilt, je höher die Dividendenrendite, umso größer der Recherche-Aufwand; eine Amgen oder Johnson & Johnson (siehe Tab. 2) kann bei Dividendenrenditen von knapp über 3% relativ problemlos ins Depot genommen werden. Die Ausschüttungen sind durch die gute Ertragslage dokumentiert und durch das ordentliche EPS abgesichert.

Bei einem Kauf zum falschen Zeitpunkt – z.B. in einer Phase der Überbewertung des Unternehmens – dürfte es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass für einen längeren Zeitraum auf Kurswachstum verzichten muss oder man sogar kurzfristig Verluste hinnehmen muss. Ist die Wachstumsphilosophie jedoch langfristig intakt, winken auf lange Sicht auch wieder Kursgewinne.
Die Dividendenausschüttungen als solche dürften jedoch kaum in Gefahr sein. Diesen Status pflegen die Unternehmen aus Eigennutz und wollen ihn keineswegs gefährden. Der Aktionär kann Dividenden durchaus auch als Schmerzensgeld für die Wartezeit auf einen Kursgewinn ansehen.
Favoriten von Retail Investor, wie z.B. Pfizer, erwirtschaften eine erheblich höhere Dividendenrendite. Auf dem aktuellen Kursniveau liegt sie bei knapp über 7,5%. Natürlich spiegelt diese hohe Rendite auch eine entsprechende Skepsis des Markts gegenüber Pfizer wider. Trumps Androhungen, die Arzneimittelpreise in den USA zu deckeln und an das europäische Niveau anzugleichen, wirft natürlich zusätzlich einen tiefen Schatten auf die gesamt Pharmabranche. Glaubt man, wie wir, an die Vergänglichkeit von Trump und dessen Politik, aber auch an die Qualität von Pfizers Wirkstoffpipeline, kann man diese Negativnachrichten ignorieren und sich zu Billigpreisen mit Pfizer Aktien eindecken.
Ähnliches hat Retail Investor übrigens in der Finanzkrise (2007 bis 2008) mit Bankaktien praktiziert. Wir sind stolz darauf, z.B. bei Bank of America mit 9,01 USD einen sogar leicht besseren Einstiegskurs als Warren Buffett erzielt zu haben. Gut 15 Jahre später werden wir mit einem durchschnittlichen jährlichen Kurswachstum von mehr als 11% (Dividenden nicht hereingerechnet) belohnt. Der aktuelle Kurs liegt bei 44,69 USD (Stand 15.05.2025).
Zukäufe und Veränderungen des Geschäftsmodells
Bei den Pharmaherstellern werden derartige Umbruchzeiten immer dann eingeläutet, wenn das Auslaufen des Patentschutzes für umsatzstarke Medikamente in Sichtweite kommt. Aktuell ist dies, wie bereits angedeutet, z.B. bei Pfizer der Fall.
Aus diesem Grund hat der Pharmahersteller allein in den Jahren 2022 und 2023 die Unternehmen Seagen (43 Mrd. USD), Biohaven Pharmaceuticals (11,6 Mrd. USD), GBT (5,4 Mrd. USD) und Reviral (0,525 Mrd. USD) zugekauft. Trotz der hohen Gewinne aus dem Covid Geschäft, haben diese Investitionen in die Zukunft die Bilanz von Pfizer belastet und zu dem aktuellen Schuldenniveau beigetragen. Die aus diesen Übernahmen resultierenden neuen Medikamente sollen und werden dabei helfen, diese Schulden abzutragen und darüber hinaus noch zusätzliche Gewinne zu erzielen. Letztendlich ist das ist das Spiel, das alle großen Pharmahersteller von Zeit zu Zeit spielen, wenn sie mit auslaufendem Patentschutz konfrontiert sind.
In den meisten Fällen erweisen sich die Restrukturierungsmaßnahmen als erfolgreich. Aufgrund der Unsicherheit des Gelingens, geben die Börsenkurse der betroffenen Unternehmen meist nach. Ist jedoch ein positives Ergebnis in Sichtweite, steigen die Kurse kräftig.
Viele große Aktiengesellschaften machen derartige Umbrüche, in denen sie ihr Geschäftsmodell runderneuern bzw. neu erfinden müssen, im Laufe ihres Geschäftslebens mit.
Auch Microsoft dümpelte in der Ära nach Bill Gates über einen Zeitraum von 2003 bis 2014 in einem Kurskorridor von 23 bis 40 USD herum. Aktuell liegt der Kurs bei gut 450 USD. Der damalige CEO Steve Ballmer tat sich damals sehr schwer damit, neue Geschäftsmodelle für den Windows Konzern zu erschließen und ihn wieder erfolgreich aufzustellen. Solche langwierigen Phasen im kurstechnischen Niemandsland kommen auch bei vormals sehr erfolgreichen Aktiengesellschaften öfter vor als man glauben möchte.
Das Problem daran ist, dass meist nur die Firmeninsider an ihren Aktien festgehalten haben und langfristig davon profitieren. Kleinanleger, aber auch viele sogenannte institutionelle Anleger, steigen oft schon bei kleinsten Anzeichen von Unternehmensschwäche aus und nehmen Gewinne mit. Oft mit der Begründung durch einen alten Börsenspruch „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand gestorben“.
Wir stellen uns in einer derartigen Situation vor, was denn wohl passiert wäre, wenn z.B. die Quandts und Klattens, die Mehrheitseigentümer von BMW, ihre Aktien bei jeder Wirtschaftskrise veräußert hätten, um dann zum richtigen Zeitpunkt wieder einzusteigen.

Quellen
Dass sich für Börsenanfänger die Frage nach den geeigneten Informationsquellen stellt, die relativ einfach und nach Möglichkeit kostenfrei die wesentlichen Kennzahlen von Aktiengesellschaften aus aller Welt liefern, hatten wir bereits angedeutet. Heutzutage stellt jeder Online Broker diese Daten mehr oder weniger umfangreich zur Verfügung. Auf den jeweiligen Homepages der Unternehmen findet man unter dem Menü Investoren bzw. Investor Relations die aktuellen Ad hoc Nachrichten, die Quartalsberichte sowie natürlich auch die Annual Reports, die Jahresabschlussberichte. Mitunter gestaltet sich die Suche danach jedoch etwas mühselig.
Wir verlassen uns meist auf Yahoo Finance US als Informationsquelle. Der kostenfreie Bereich dieser Finanzseite liefert eigentlich alles was das Herz begehrt. Auch die Möglichkeiten diverse kostenfreie Musterdepots zu erstellen, die mit Echtzeitkursen bedient werden, überzeugt uns. Wir präferieren die US-amerikanische Version dieser Finanzseite, weil sie detaillierter mit Börsennachrichten und Finanzdaten gefüttert wird. Das liegt am traditionell erheblich größeren Interesse der US-Bürger an Wertpapieren. Die deutsche Seite – Yahoo Finanzen – ist dagegen manchmal etwas unzureichend mit Daten unterlegt. Wir möchten auch an dieser Stelle darauf hinweisen, das Retail Investor keine geschäftlichen Beziehungen zu Yahoo Finance US oder Yahoo Finanzen unterhält und für diese Empfehlung keinerlei Vergütung erhält.
Unsere Passive Income Kandidaten
Bei den von uns vorgestellten AGs handelt es sich um eine subjektive Auswahl aus über 300 Dividend Anwärtern (Dividend Contender). Grundsätzlich haben wir dabei die zahlreichen REITs, aber auch die Versorgungsunternehmen ausgeblendet. Diese beiden Wirtschaftssektoren produzieren zwar manchmal über lange Zeitspanne eine erstaunlich hohe Dividendenrendite, weisen andererseits aber oft nur negatives bis extrem geringes Kurswachstum auf. Eine hohe Dividendenrendite lockt uns nur, wenn dahinter ein Unternehmen steht, dass sich auf das nächste Umsatz- und Gewinnwachstum vorbereitet. Auch langsam, aber stetig wachsende AGs finden wir als Investor sexy. Allerdings muss, wie bereits gesagt, die Wachstumsperspektive erkennbar sein.

Als hohe Dividendenrendite sehen wir, wie bereits betont, Werte nördlich der 4 Prozentgrenze an. Nach Kapitalertragssteuerabzug verbleibt dem Investor dabei eine Nettorendite von gut 3 Prozent. Liegt diese Rendite erheblich unterhalb dieser Grenze, würden wir ein höheres durchschnittliches jährliches Kurswachstum von 8% bis 10% erwarten wollen. Bei den extrem hohen Renditen, wie sie etwa bei Pfizer, Bank of Nova Scotia oder United Parcel Service anfallen, würden wir auch eine Wartezeit auf Kurswachstum tolerieren, die sich über mehrere Jahre erstreckt. Das von den Unternehmen ausgeschüttete Schmerzensgeld ist dafür schließlich beträchtlich. So absurd es klingt, eine lange Wartezeit auf Kursgewinne, kann für den Kleinanleger ein ganz erheblicher Vorteil sein. Erlaubt sie ihm doch, über diesen langen Zeitraum eine größere Wertpapierposition zusammenzukaufen. Er kann damit mit einem vermögenderen Investor gleichziehen, der spontan eine große Geldsumme für ein aussichtsreiches Investment zur Verfügung stellen kann.
Resüme
Die Psychologie auf der eigenen Seite
Dieser Ansatz, der, wie bereits betont, die die erste Stufe unserer KMI-Strategie bildet, ist die bei weitem risikoärmste Stufe. Allerdings auch im großen Normalfall die, mit dem geringsten Kurswachstumspotenzial. Über die anfallenden Dividendeneinkünfte wird der Investor mit einem regelmäßigen, stetig anwachsenden Geldzufluss entschädigt. Spätestens nach drei Monaten fällt die erste Dividende als bescheidene „Belohnung“ des Investments an. Sie ist damit auch ein symbolisches Zeichen der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns. Die Bedeutung eines solchen materiellen Erfolgsbeweises kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Investitionen in spekulativere Aktien benötigen oft erheblich längere Zeiträume, ehe ein respektabler Kursgewinn eintritt. Dividenden werden von diesen Wachstumswerten, wie die Börsianer sie nennen, eher selten gezahlt. Gerade bei Anfängern führen lange Wartezeiten auf Kurswachstum oft zu einer erheblichen Verunsicherung. Mit der Zeit wachsen die Zweifel, ob man das richtige Papier gekauft hat. Etablierte Dividendenzahler wachsen in der Regel extrem langsam. Die Quartalsdividenden entschädigen unseren Anfänger jedoch für diese Wartezeit auf den Kursgewinn. Man kann oder sollte sie als eine Art Schmerzensgeld oder als eine Anleihe mit der Option auf einen zusätzlichen Kursgewinn ansehen.
Bei der Auswahl der Unternehmen, die für ein Investment auf dieser Stufe infrage kommen, sind zwei Gesichtspunkte von ganz erheblicher Bedeutung. Die von uns favorisierten Werte müssen eine bestimmte Beständigkeit, eine Anzahl von Jahren nachweisen, über die sie ununterbrochen Dividendenausschüttungen geleistet haben. Darüber hinaus, sollten sie die Dividende im Jahresrhythmus angehoben haben. Beides sind wesentliche Gesichtspunkte, die nicht unterschätzt werden dürfen.
Vor diesem Hintergrund könnte sich die Aktienauswahl als anspruchsvolle Aufgabe entpuppen. Das ist jedoch nicht wirklich der Fall, wenn man die von uns angeführten Aspekte von Zeit zu Zeit überprüft.
Die Ziele – ein dickes Brett
In Dividenden zahlende Aktien zu investieren, erweist sich allerdings als sehr dickes Brett, das über Dekaden gebohrt werden muss. Ein kleines Gedankenspiel verdeutlicht die zeitlichen Dimensionen dieses Unterfangens.
Ein investiertes Gesamtvermögen von 80.000 Euro ist erforderlich, um den eigenen monatlichen Sparbetrag von 200 Euro zu kompensieren, also als Passive Income zu erzielen. Gemäß unserer KMI-Strategie Stufe 1 versuchen wir in Dividendenwerte zu investieren, die wenigstens eine Rendite von 4% abwerfen. Nach Kapitalsteuerabzug von 25% (Soli und Kirchensteuer unberücksichtigt) verbliebe eine Nettorendite von 3%. Bei einem investierten Kapital von 80.000 Euro käme man so exakt auf den Betrag von 200 Euro Dividendeneinnahmen pro Monat.
Bei dem von uns veranschlagten durchschnittlichen Kurswachstum von 7% p.a. hätte unser 200-Euro-Investor diese Summe nach 18 Jahren erreicht. Er könnte dann also entweder sein Investitionsvolumen verdoppeln oder seine monatliche Sparquote auf null setzen.

Nach „nur“ weiteren 22 Jahren würde unser 200-Euro-Investor über ein Vermögen von 497.291,06 Euro verfügen können (Tab. 4). Lediglich 96.000 Euro selbst investiertes Geld in Form der Sparquote hätte er eigenhändig dazu beigesteuert. Gut 400.000 Euro machen die gesamten Kursgewinne aus, die mit der von uns angepeilten Wachstumsrate von 7% jährlich erwirtschaftet worden wären.
Das Gesamtvermögen würde unserem Investor nach 40 Jahren eine monatliche Dividendenausschüttung von 1.243,23 Euro liefern, was eine ordentliche Zusatzrente oder -pension abgeben würde. Sie hätte noch den nicht zu vernachlässigenden Vorteil, dass sie im jährlichen Schnitt mit wenigstens 3% – 5% wächst und somit die Inflation auf jeden Fall ausgleichen würde. Aber auch das zugrundeliegende Kapital dürfte im Schnitt irgendwo zwischen 2% – 4% jährlich weiter anwachsen.
Der dritte Teil unserer Serie über die KMI-Strategie befasst sich mit der Auswahl der aktuellen sowie bereits älterer Marktführer, den sogenannten Corporate Leaders.
Disclaimer:
Jeder Artikel gibt die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Diese ist das Ergebnis eigener Recherchen, die nach bestem Wissen und Gewissen und mit großer Sorgfalt durchgeführt worden sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Wertpapierberatung bzw. Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren. Vorsorglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Wertpapieren mit gewissen Risiken verbunden ist, mit Risiken, die im schlimmsten Fall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.
Es wird ferner darauf verwiesen, dass Wertpapierkäufe auf sorgfältige eigene Analysen und Recherchen gegründet sein sollten. Weder Retail Investor noch der/die Verfasser eines Artikels haften für etwaig entstandene Verluste.
Retail Investor – Klaus-Uwe Becke
Hinweis
Retail Investor hält Aktien von: Nvidia, Microsoft, Amazon, Apple, Alphabet, Fortescue, Bank of Nova Scotia, AbbVie, Johnson & Johnson, Merck & Co., Bristol-Myers & Sqibb, Pfizer, Chevron, Bank of America, Amgen.

Klaus-Uwe Becker