Fortescue – kaufen oder verkaufen?
Das australische Minenunternehmen im Fokus.
von Klaus-Uwe Becker, 30.10.2025
Am 22.02.2024 haben wir positiv über das australische Minenunternehmen Fortescue Ltd. berichtet. Seitdem hat sich der Kurs in einem Abwärtstrend von 16,86 EUR auf aktuell nur noch 11,48 EUR (Stand 24.10.2025) ermäßigt. Am 07.04.2025 hat er mit nur noch 7,50 EUR einen Tiefpunkt erreicht.
Vor dem Hintergrund dieser wenig beeindruckenden Performance drängt sich die Frage auf, wie man als Investor – ausgestattet mit einer eigenen Fortescue Wertpapierposition – umgehen sollte.
In unserem ersten Bericht über Fortescue hatten wir darauf hingewiesen, dass Minenbetreiber der Kategorie der sogenannten zyklischen Unternehmen zuzuordnen sind. Dies sind Unternehmen, deren Umsatz und Gewinn stark vom Zustand der Weltkonjunktur abhängt. Bei boomender Konjunktur schwillt Umsatz und Gewinn stark an. Bei einem konjunkturellen Abschwung ist das Gegenteil der Fall. All dies wird natürlich auch durch den Börsenkurs widergespiegelt.
Grundsätzlich handelt es sich bei Fortescue um ein sehr profitables Unternehmen, das Eisenerz schwerpunktmäßig nach China liefert. Auch bei schwacher Konjunktur erwirtschaftet es stabile Gewinne und zahlt eine für den Investor sehr respektable Dividendenrendite von 5,66%. Das kann und muss ein Investor als üppiges Schmerzensgeld für die Wartezeit auf bessere Kurse ansehen.
Wir selbst wären nicht stark in Fortescue investiert, wenn das die einzige interessante Perspektive wäre. In unserem ersten Bericht haben wir unter anderem Fortescues Bestrebungen, die eigene Produktion umweltfreundlich zu gestalten und dabei aber auch vom Weiterverkauf der entwickelten Technologie profitieren zu wollen, als Kaufmotiv herausgestellt.
Zwischenzeitlich hat Fortescue diese Bestrebungen an die geänderte politische Realität anpassen müssen, d.h. in die Zukunft gestreckt. Es gibt allerdings einen weiteren, bemerkenswerten Grund, aus dem wir an unseren Papieren festhalten und sogar noch zukaufen.
Fortescue wird meist ausschließlich als Eisenerz-Mining-Unternehmen angesehen. Dabei wird die Diversifikationsstrategie, die das Unternehmen fährt, übersehen. Sie zielt in Richtung lithiumkritische Rohstoffe und Seltene Erden. Das ist für Investoren eine interessante Perspektive, weil aktuell die Abhängigkeit der westlichen Volkswirtschaften von der Belieferung aus China problematisiert wird.
Allerdings befindet sich Fortescues Strategie momentan noch im Explorationsstadium. Diese Phase, in der Probebohrungen durchgeführt werden, ist für die Identifizierung der Rohstoffvorkommen entscheidend. An deren Ende steht die Bewertung der wirtschaftlich verwertbaren Vorkommen. Erst bei positiven Ergebnissen beginnt die eigentliche Förderung. Fortescue führt Probebohrungen in Ländern wie Chile, Brazil und Peru durch.
Bei Seltenen Erden handelt es sich um 17 verschiedene Elemente. Sie sind von enormer Bedeutung für die Elektronik, z.B. für Leuchtstoffe wie LEDs, aber auch für Katalysatoren. Sie werden in der Luft- und Raumfahrt, sowie bei militärischen Anwendungen benötigt, um starke und leichte Legierungen anzufertigen. Die Medizin benötigt sie zur Krebsbehandlung und Strahlentherapie. Auch bei der Herstellung von optischen Fasern und Lasern sind sie unentbehrlich.
Das Problem der seltenen Erden
Die dominante Markstellung Chinas
Bei den meisten dieser Elemente weist China eine dominante Marktstellung auf, die bei ca. 90% liegt. Unsere wirtschaftliche Abhängigkeit ist das Ergebnis einer wenig vorausschauenden Politik der westlichen Länder.
Förderproblematik
„Die Bezeichnung als selten ist aber insofern berechtigt, als größere Lagerstätten von wirtschaftlich ausbeutbaren Erzen tatsächlich selten sind. Die Elemente kommen zumeist nur in jeweils kleinen Mengen, in sehr vielen, weit verstreut lagernden Mineralen sowie als Beimischungen in anderen Mineralen vor. Ein Großteil der industriellen Gewinnung von Seltenerdmetallen geschieht daher als Nebenprodukt durch die chemische Aufbereitung bei der Gewinnung anderer, stärker konzentriert vorliegender Metalle aus deren Erzen.“ Quelle: Wikipedia
Die Förderung seltener Erden ist also sehr aufwendig. Auch aus diesem Grund hat man diesen Markt fahrlässig den Chinesen überlassen. Mittlerweile sind uns wohl zum Teil auch die erforderlichen technischen Fähigkeiten abhandengekommen.
Umweltschutz
Hinzu kommt, dass sowohl der Abbau als auch die Weiterverarbeitung seltener Erden umwelttechnisch ziemlich problematisch ist. Ein Paradoxon besteht allerdings darin, dass ausgerechnet seltene Erden auch für viele umweltfreundliche Produkte zwingend erforderlich sind. In den Bereichen Energie und Mobilität sind sie z.B. entscheidend für Produktion von Hochleistungsmagneten für Elektrofahrzeuge, für die Produktion von Generatoren für Windturbinen, aber auch als Bauteile von Smartphones.
Voraussicht und Erpressungspotenzial
Schaut man sich die Anwendungsbereiche der Seltenen Erden etwas genauer an1), muss man ernüchternd feststellen, dass ohne sie in unserer technologisierten Gesellschaft fast nichts mehr laufen würden. Diese Abhängigkeit von China, das auch noch weltweit über die größten Reserven an Seltenen Erden verfügt, dürfte einem Minenbetreiber wie Fortescue sicheres Umsatzwachstum einbringen, wenn es denn bei den Explorationen fündig werden und auf ausreichend große Vorkommen stoßen sollte. Je stärker China die seltenen Erden als Erpressungsmittel einsetzt, umso stärker dürfte die Bereitschaft der westlichen Staatengemeinschaft ausgeprägt sein, auf einen renommierten, australischen Lieferanten zuzugehen.
Fazit
Erst am 23.10.25 hat der große amerikanische Luftfahrt- und Verteidigungs-Konzern Lockheed Martin sich eine Option über bis zu 25% der Scandiumoxid Produktion (Seltene Erden Metall) des kleinen australischen Minenunternehmens Sunrise Energy Metals vertraglich zugesichert.
Scandiumoxid ist eine Seltene Erde, die in der Industrie früher primär in Legierungen mit Aluminium, Titan und Nickel eingesetzt wurde. Heute wird sie aber fast nur noch zur Herstellung von Wasserstoff und Brennstoffzellen verwendet. Vergleichbare Deals wären auch für Fortescue vorstellbar.
Als langfristig orientierter Anleger wollen und werden wir nicht den Fehler unserer Politiker wiederholen und mit einem Verkauf unserer beträchtlichen Fortescue Position eine strategisch falsche Entscheidung treffen. Selbst für den Fall, dass alle Explorationsversuche sich als Fehlschläge erweisen sollten, bleibt Fortescue ein solides, überlebensfähiges Unternehmen mit attraktiver Dividendenrendite.
Wir nutzen die aktuellen Kurse, um unsere Position weiter zu vergrößern. Bei Börsenkursen um die 15 Euro würden wir jedoch von weiteren Zukäufen absehen.
Wir sind uns ziemlich sicher, dass diese Strategie bei einer irgendwann wieder anziehenden Konjunktur sehr lukrativ sein dürfte. Kurse im Bereich von 20 Euro halten wir dann für durchaus möglich. Sollten außerdem auch die Explorationen nach seltenen Erden und Lithium erfolgreich verlaufen und die Förderung beginnen, dürfte einer Kursexplosion nichts mehr im Wege stehen.
Bei all unseren Überlegungen vertrauen wir auch auf Andrew Forrest, dem visionären Gründer und Vorstandsvorsitzenden von Fortescue. Er gilt als sehr engagierter, aber auch umweltbewusster Mensch. Er agiert jedoch auch als entschlossener, profitorientierter Geschäftsmann, der sein Unternehmen, an dem er, bzw. seine Familie eine beträchtliche Beteiligung unterhält, voranbringen möchte.
Disclaimer:
Jeder Artikel gibt die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Diese ist das Ergebnis eigener Recherchen, die nach bestem Wissen und Gewissen und mit großer Sorgfalt durchgeführt worden sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Wertpapierberatung bzw. Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren. Vorsorglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Wertpapieren mit gewissen Risiken verbunden ist, mit Risiken, die im schlimmsten Fall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.
Es wird ferner darauf verwiesen, dass Wertpapierkäufe auf sorgfältige eigene Analysen und Recherchen gegründet sein sollten. Weder Retail Investor noch der/die Verfasser eines Artikels haften für etwaig entstandene Verluste.
Retail Investor – Klaus-Uwe Becke
Hinweis
Retail Investor hält Aktien von Fortesue.
Klaus-Uwe Becker