von Klaus-Uwe Becker, 19.03.2025
BioNTech SE
Ticker Sign: BNTX – ISIN: US09075V1026 – WKN: A2PSR2 – Kurs zum 19.03.2025: 99,27 USD
Prolog
Obwohl Deutschland immer noch die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt ist, besitzt SAP (MCAP 0,32 Billionen USD) – das größte deutsche Unternehmen – weniger als ein Zehntel des Marktwerts von Apple. Als wertvollstes Unternehmen der Welt weist dies aktuell eine Marktkapitalisierung von ca. 3,23 Billionen USD auf.
Die gesamte Marktkapitalisierung aller deutschen DAX-Unternehmen beträgt ca. 2,1 Billionen Euro und ist somit erheblich geringer als die des größten US-amerikanischen Einzelunternehmens.
Etwa 40% der Dividendenzahlungen der DAX-Unternehmen fließen an ausländische Investoren. Was aus der Optimismus-Perspektive als starke ausländische Anerkennung für die deutsche Industrie gewertet werden könnte, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung jedoch als Trugschluss. Zum einen ist es ausländisches Taschengeld, welches in deutsche Aktiengesellschaften investiert ist. Zum anderen bedeutet dies, dass uns 40% unserer DAX-Unternehmen gar nicht gehören. Das wäre weiter nicht allzu tragisch, würde uns Deutschen ein auch nur vergleichsweise akzeptabler Prozentsatz der US-amerikanischen SAP&500 oder DOW Jones Werte gehören. Dem ist aber nicht so. Das Schlimmste ist jedoch, dass all dies kaum bemerkt wird, noch jemanden aus Politik und Öffentlichkeit ernsthaft interessiert oder beunruhigen würde. Etwas bösartig formuliert, könnte man behaupten, ein Land wird aufgekauft, aber niemanden stört es.

Des Zusammenhangs von wirtschaftlicher und politischer Bedeutung unserer Unternehmen ist man sich offensichtlich in keiner Weise bewusst. Dass große, marktschwere Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stärke oder strategischen Bedeutung auch Machtmittel für Politik sein können, wird ignoriert.
Ein klares Bekenntnis zu globaler unternehmerischer Größe gibt es weder auf Seiten der Unternehmerschaft noch auf den politischen Führungsebenen. Auch auf europäischer Ebene ist das nicht anders. Diese Klaviatur kann und will man, sehr zum Nachteil der Bürger, ganz offensichtlich gar nicht bespielen.
Was hat all dies mit BioNTech zu tun? Verschiedene Faktoren deuten darauf hin, dass die BioNTech SE (BNTX) eines der wenigen deutschen Unternehmen sein könnte, welches das Potenzial zu globaler marktwirtschaftlicher Größe besitzt. Also das Potenzial, es mit den erfolgreichsten, europäischen und US-amerikanischen Biotech-Unternehmen aufzunehmen. Warum dies so ist, werden wir versuchen, im nachfolgenden Artikel zu zeigen.
Damit diese These zutrifft, müsste BNTX irgendwann eine Marktkapitalisierung von 700 – 800 Mrd. USD erreichen. Aktuell ist Novo Nordisk mit einer Marktkapitalisierung von knapp 350 Mrd. USD das größte und erfolgreichste europäische Biotech-Unternehmen. Eli Lilly, ist das wertvollste Biotech-Unternehmen der USA, mit einer Marktkapitalisierung von ca. 750 Mrd. USD.
Man könnte, wahrscheinlich muss man sogar an dieser Stelle behaupten, dass vielen deutschen Firmen der unbedingte Wille, aber vor allem auch der Mut zu internationaler Größe weitgehend abhandengekommen ist. Behindert durch übergriffige Bürokratie und Vorschriften, macht man kaum noch den Versuch, Anschluss an die internationale Spitze der Konkurrenz zu finden. Stattdessen weicht man aus in die Nischen, die die Konkurrenz uns dankenswerter Weise überlassen hat und freut sich über den deutschen Mittelstand. Dieser wird allerdings oft, weil nur von mittelmäßigem Wert, durch die mit tieferen Taschen ausgestattete, internationale Konkurrenz absorbiert.
Ein deutsches Unternehmen, das endlich einmal internationale Beachtung und Bedeutung erfahren würde, täte unserer Wirtschaft ganz sicher gut. Es wäre schön, wenn nicht nur die Entwicklung des BioNTech-Impfstoffs als Leuchtturmprojekt, beschrieben werden würde1), sondern die ganze Firma BioNTech als ein solches betrachtet werden müsste. Dass diese Erfolgsgeschichte dann ausgerechnet von einem eingewanderten, türkischstämmigen Unternehmerehepaar geschrieben werden würde, könnte man durchaus mit einem Zug Ironie sehen.
1) Joe Miller mit Özlem Türeci u. Ugur Sahin, Projekt Lightspeed, Der Weg zum BioNTech-Impfstoff – und zu einer Medizin von morgen, ISBN 978-3-498-00277-Q
Die Analyse
Als Unternehmen vereinigt BioNTech viele positive Qualitäten auf sich. Welche das sind und ob diese das Unternehmen zu einem aussichtsreichen Kandidaten zukünftiger internationaler Größe machen, ist die Frage, die wir mit diesem Artikel beantworten möchten.
Die Gründer
Für viele Deutsche ist BioNTech mit den Namen des charismatischen Mit-Gründerehepaars Özlem Türeci und Ugur Sahin verbunden. In kongenialer Symbiose, sind sie die treibende Kraft des Unternehmens. Bescheiden im Auftritt, altruistisch und mit hohem Arbeitsethos sowie hervorragender Fachkompetenz ausgestattet, versuchen sie „ihr“ Unternehmen in die internationale Spitzenklasse der Biotech-Unternehmen zu treiben. Wer mehr über den Führungsstil, das Arbeitsethos sowie die Menschen, die hinter BioNTech stehen, wissen möchte, dem sei die Lektüre des Buchs – Projekt Lightspeed – empfohlen.
Herausragende Unternehmerpersönlichkeiten sind eine ganz wesentliche Voraussetzung für den langfristigen, wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere wenn sie als Gründer, Mitbesitzer und visionäre Wissenschaftler in Personalunion agieren. Nach einem bekannten Sprichwort stinkt der Fisch vom Kopf. Genau das Gegenteil ist bei BioNTech der Fall.
Listing an US-Börsen
An den US- Börsen gelistet zu sein, bedeutet nicht nur viel mehr Geld von Investoren, das dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden kann. Dieses Auslandslisting reklamiert zugleich den Anspruch, global konkurrieren zu wollen und zu können, sich gegen Konkurrenten wie z.B. Moderna et al. wirtschaftlich und wissenschaftlich zu behaupten. Exakt diesen Anspruch reklamiert BioNTech auch ansonsten sehr proaktiv.
Die Bedeutung des Covid Impfstoffs
Mit der Zulassung des Covid-19-Impfstoffes – Comirnaty – am 23.08.2021, hat BioNTech quasi die materielle Grundlage für eine sehr breit angelegte Wirkstoff-Pipeline gelegt. Die bahnbrechende und extrem schnelle mRNA-Impfstoffentwicklung hat das Unternehmen quasi über Nacht in den Fokus der globalen Öffentlichkeit gerückt und ihm damit einen nicht zu unterschätzenden finanziellen Vorteil eingebracht. Durch eine klug konzipierte Partnerschaft mit dem erfahrenen Large-Cap Biotech-Unternehmen Pfizer minimierte man die Risiken, die mit einer Produkteinführung verbunden sind und sicherte sich gleichzeitig ein etabliertes, globales Vertriebssystem. Die Gewinne aus dieser wegweisenden Kooperation setzt BioNTech weise und vorausschauend für die Entwicklung diverser innovativer Krebsmedikamente sowie weiterer Impfstoffe ein.
Umgang mit den Finanzmitteln
Wie hervorragend BioNTech dabei aufgestellt ist, wird bei einem Vergleich mit der US-Biotech Firma Moderna deutlich, dem weiteren führenden mRNA-Unternehmen.
Während Moderna sich aktuell mit massiven Liquiditätsproblemen befassen muss, kann BioNtech auf eine vergleichsweise gesicherte Finanzierung blicken. Obwohl sich die aktuell gesunkenen Einnahmen aus dem Covid Impfgeschäft bei beiden Unternehmen in etwa auf gleicher Höhe bewegen (BNTX: 3,04 Mrd. USD, MRNA: 3,24 Mrd. USD), steht BNTX mit ca. 17,4 Mrd. Euro fast das Fünffache an Barmitteln (Cash TTM) zur Verfügung.
Diese Barmittel sind jedoch nicht allzu sehr zu Lasten der Aktionäre gegangen. Aktuell hat BNTX (241 Mio. Aktien) weniger außenstehende Aktien vorzuweisen als MRNA (384 Mio. Aktien). Das deutsche Biotech-Unternehmen versteht es ganz offensichtlich wesentlich besser, die verfügbaren Barmittel konstruktiv einzusetzen. Sieht man sich die Betriebsausgaben der letzten drei Geschäftsjahre an, wird das eindrucksvoll bestätigt. Ca. 11,5 Mrd. USD an Moderna Ausgaben stehen lediglich 7,6 Mrd. USD von BNTX gegenüber.
Auch die Nettoeinkommen für die beiden Jahre 2023 und 2024 differieren stark. Während bei BNTX nur ein Minus von 0,46 Mrd. USD aufgelaufen ist, liegt es bei der US-Firma bei 6,7 Mrd. USD. Dies liegt allerdings nicht, wie man vermuten könnte, an einer umfangreicheren Produktpipeline des US-Konkurrenten.

Die BNTX Produktpipeline
Die Wirkstoff-Pipeline ist der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Biotech-Unternehmens. Sie ist die Basis des wirtschaftlichen Erfolgs und bündelt die Erwartungen an die zukünftige Umsatzentwicklung. Demzufolge ist die Analyse des Pipelinepotenzials ein wesentlicher Schlüssel zur Unternehmensbewertung. Nun tun sich allerdings auch ausgewiesene Experten und Wissenschaftler schwer damit, exakte Erfolgsprognosen für die Zulassung von Wirkstoffen abzugeben.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Tatsache, dass neun von zehn Wirkstoffen in den Entwicklungsphasen eins bis drei scheitern. Am höchsten ist diese Quote in den Phasen eins und zwei. In der entscheidenden, letzten Phase besteht dann immerhin eine ca. 50-prozentige Erfolgsquote. Das beweist ziemlich eindrucksvoll, dass sich selbst die firmeneigenen Entwickler häufig irren. Andererseits muss jedoch auch konstatiert werden, dass sich eigentlich erst während der drei klinischen Studienphasen die Wirksamkeit bzw. eventuelle gravierende Nebenwirkungen des zukünftigen Medikaments herauskristallisieren.
Wenn selbst ausgewiesene Experten mit der Beurteilung der Erfolgswahrscheinlichkeit eines neuen Wirkstoffkandidaten Probleme haben, wie kann dann der Anleger, meist blutiger Laie in der Medizin, damit umgehen?
Retail Investor bevorzugt grundsätzlich Biotech-Unternehmen mit einer umfangreichen Pipeline, bestehend aus unterschiedlichen Wirkstoffen. Wenn man will, ist dies eine Investmentstrategie nach der Devise, mit möglichst vielen Ködern, den einen oder anderen Fisch fangen zu wollen. Schwer tun wir uns mit Pipelines, die nur aus einer sehr geringen Anzahl von Wirkstoffen bestehen.
Aber zurück zu unserem quantitativen Ansatz. Wenn sich in einer breit gefächerten Pipeline einige Phase 3 Wirkstoffe befinden, die absehbares Blockbuster-Potenzial1) haben, stimmt uns das optimistisch. Ist dann die Finanzierung auch noch bis zur zu erwartenden Zulassung des ersten Medikaments gesichert, würden wir grünes Licht für ein Investment geben.
1) Als Blockbuster-Medikament wird ein Wirkstoff bezeichnet, der einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. USD erzielen kann.
Wie wirkt sich all dies auf die Einordung des Potenzials der BioNTech SE aus? Was macht die Wirkstoff-Pipeline so interessant, sind die entscheidenden Fragen, die beantwortet werden müssen.
Pipelinegröße
Für ein Unternehmen, dass erst Ende 2019 seinen Börsengang hatte, verfügt BNTX über eine sehr umfangreiche, aber auch differenzierte Pipeline. Um im Bild zu bleiben, hat unser Unternehmen eine große Anzahl von Ködern ausgeworfen. Insgesamt umfasst die BioNTech Pipeline 43 Produktkandidaten. Davon befinden sich 10 in der Phase 1, 34 in den Phasen 2 bzw. 1/2 und 7 in der Phase 3 bzw. 2/3. Die Wartezeiten bis zu den endgültigen Zulassungen sind somit überschaubar. Nach BioNTechs eigenen Angaben sind sie mit zunehmender Tendenz für die Jahre 2026 bis 2029 zu erwarten. Umsatztechnisch dürfte dies sich ab 2028 relativ deutlich niederschlagen.
Die nachfolgende Info Box versucht so prägnant und verständlich wie möglich, BioNTechs Instrumentarium – die Wirkstoffklassen – sowie deren Wirkungsweise und Indikation zu beschreiben. Gleichzeitig veranschaulicht sie, wie breit dieses vergleichsweise junge Unternehmen aufgestellt ist.

Erfolgskandidaten
Das bisher einzige zugelassene Medikament ist der Covid-Impfstoff, BNT162b2, bekannt geworden unter dem Namen Comirnaty. Bei den 8 Phase 3 bzw. 2/3 Produktkandidaten handelt es sich fast ausschließlich um Checkpoint-Immunmodulatoren der nächsten Generation. Checkpoint-Immunmodulatoren, auch Inhibitoren genannt, sind Medikamente, die definierte Kontrollpunkte des Immunsystems blockieren. Durch diese Blockade kann das Immunsystem aktiviert werden und Tumorzellen können bekämpft werden.
BNT323/DB-1303 ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (BNT323 – gegen metastasierten Brustkrebs), das gegen den Krebs eingesetzt wird. Es kombiniert die Besonderheiten von Antikörpern mit den zellzerstörenden Eigenschaften von Chemotherapeutika und hilft therapeutisch bedingte Nebenwirkungen zu minimieren.

Alle Kandidaten haben bisher vielversprechende Ergebnisse in ihren klinischen Studien gezeigt und haben das Potenzial, sich zu einem sogenannten Blockbuster Medikament zu entwickeln. So wird ein Wirkstoff bezeichnet, der Umsätze jenseits der Milliardengrenze erreichen kann. Bei BNT316 weist auch die von der Zulassungsbehörde vergebene Fast Track Designation, die ein beschleunigtes Zulassungsverfahren mit sich bringt, darauf hin. Auch bei BNT323 stimmt uns eine vielversprechende Anti-Tumor-Aktivität positiv.
Wie aus der Tabelle deutlich wird, war BNT327, der Kandidat mit den meisten Indikationen, vormals im Besitz des chinesischen Unternehmens Biotheus. Die vollständige Übernahme dieses Unternehmens durch BNTX wurde am 03.02.2025 abgeschlossen. Damit verfügt man nunmehr eine chinesische Dependance, aber auch über alle Rechte der umfangreichen Pipeline bi-spezifischer Antikörper (Antikörper mit zwei verschiedenen Bindungsstellen, um Immunzellen zu bekämpfen und zu zerstören). Auch die lokale Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsabteilung gehört nunmehr zum Mainzer Unternehmen.
BioNTech hat diesen klugen strategischen Schritt auch vor dem Hintergrund getätigt, im chinesischen Markt physisch präsent zu sein. Dass Biotheus übernommen wurde, sehen wir auch als ein unternehmerisches Bekenntnis zu Größe und Internationalität an.
Die übrige Pipeline
Weitere 18 Phase 2-Indikationen zeigen das erhebliche Potenzial, das in der Pipeline steckt und deuten darauf hin, dass wie bereits erwähnt, es in absehbarer Zeit weitere zulassungsrelevante Kandidaten geben wird. Von diesen 18 Indikationen sind 8 mRNA Produkte. Lediglich BNT161 (Grippe) ist kein Krebsmedikament. 3 Indikationen gehen dabei aus der FixVac-, 4 aus der iNeST-Plattform hervor. Bei den übrigen 10 Indikationen handelt es sich ausschließlich um Checkpoint-Immunmodulatoren der nächsten Generation.
Insgesamt betrachtet, ist das eine opulent besetzte, extrem konkurrenzfähige und sehr vielversprechende Medikamentenpipeline. Sollte es dem Unternehmen gelingen, für BNT327 die Zulassung in der einen oder anderen Indikation zu bekommen, dürfte sich die Vision des BioNTech CEO, Ugur Sahin, bestätigen. Sahin sieht in BNT327 ein neues Rückgrat der Immunonkologie heranwachsen. Ein Rückgrat mit tumorübergreifender Wirkung, welches zudem im Verbund mit unterschiedlichen anderen Wirkstoffen in Bereichen mit einer großen Patientenpopulation eingesetzt werden kann. Oft handelt es sich dabei um Indikationen für die aktuell keinerlei aussichtsreiche Behandlungen existieren. Sollte sich diese Einschätzung bestätigen – wovon wir ausgehen – dürfte der Weg BioNTechs in die Champions-League der Biotech-Unternehmen gesichert sein. Mit diesem Gesichtspunkt ist natürlich auch eine lukrative Perspektive verbunden, die Investoren lieben, ja lieben sollten, wie wir meinen.

Multipler Ansatz gegen den Krebs
Ein weiterer, bereits angedeuteter interessanter Aspekt an BioNTechs Pipeline ist das übergeordnete Konzept, das ihr zugrunde liegt.
Dreh- und Angelpunkt der BNTX-Strategie im Kampf gegen den Krebs ist ein multipler Ansatz, bei dem unterschiedliche Wirkstoffe mit jeweils präzisen, teilweise auf den Erkrankten zugeschnittenen Aufgaben zum Einsatz kommen. Es handelt sich quasi um ein komplementäres Wirkstoff-Arsenal, bestehend aus zahlreichen Produktkandidaten, von denen viele auch im Zusammenspiel miteinander als Kombinationstherapie eingesetzt werden können.
Die Pipeline deckt dabei die bereits erwähnten Wirkstoffklassen wie mRNA Technologie, Zelltherapien, proteinbasierte Therapeutika sowie SMIs (Small Molecule Immunomodulators) ab (siehe Info Box).
Ein bedeutender Eckpunkt dieses Ansatzes sind die FixVac- und iNeST1-Plattformen.
Erster Eckpfeiler – FixVac Plattform
Bei FixVac handelt es sich um eine innovative mRNA-basierte Impfstoffplattform gegen den Krebs. Der Impfstoff hilft dabei, definierte Tumorantigene, die bei bestimmten Krebsarten oft vorkommen, zu erkennen, aber auch zu bekämpfen. Die Impfstoffe sind nicht individuell angepasst, also quasi von der Stange (Off-the-Shelf) und können so für viele Patienten angewendet werden. Aktuell umfasst diese Plattform 3 unterschiedliche Wirkstoffe, von denen sich zwei in Phase 2 (BNT1112 und BNT113) und einer (BNT116) in Phase 1/2 der drei Entwicklungsstufen befinden.

Zweiter Eckpfeiler – iNeST Plattform
Diese Plattform wird in Zusammenarbeit mit dem von Roche übernommenen Unternehmen Genentech betrieben. iNeST (Individualized Neoantigen Specific Immunotherapy) ist ebenfalls eine Plattform zur Herstellung von Impfstoffen gegen Krebs. Diese sind jedoch individuell auf jeden Patienten zugeschnitten. Einzigartige Krebsmutationen, sogenannte Neoantigene, werden mithilfe der mRNA-Technologie dem Immunsystem präsentiert. Das initiiert daraufhin eine gezielte Immunantwort gegen die Tumorzellen. Mithilfe dieser Therapie kann der Impfstoff sehr präzise und gezielt gegen den bösartigen Tumor wirken.
Mit dem Impfstoffkonzept steht BioNTech an vorderster Front der Entwicklung von Krebsmedikamenten. Der Ansatz ist nicht nur innovativ, sondern sogar revolutionär. Aufgrund der großen Expertise im Bereich der mRNA-Technologie trauen wir dem Unternehmen zu, die Krebsbehandlung zu revolutionieren. Im Mittelpunkt der iNeST-Plattformsteht der Produktkandidat BNT122.
KI-Epertise
Dass BNTX auch nicht davor zurückschreckt, aussichtreiche Biotech-Unternehmen zu übernehmen, haben wir bereits bei der Analyse der Bedeutung des BNT237 Kandidaten gesehen. Zukünftiges Wachstum durch Übernahmen von Unternehmen einzuleiten, ist ein probates Mittel, dass bei deutschen Firmen leider eher unterentwickelt ausgeprägt zu sein scheint. Der Blick auf den US-amerikanischen Markt zeigt jedoch, dass dies oft ein probates und charakteristisches Mittel auf dem Weg zu zukünftiger Größe ist. In den 1999er bis 2000er Jahren, der Sturm und Drangzeit von Cisco Systems, integrierte das Kommunikations-Ausrüstungsunternehmen z.B. Zukäufe im Jahrestakt.
Bereits 2023, noch ehe die aktuelle KI-Welle richtig losgetreten wurde, sicherte sich BioNTech durch die Übernahme der privaten, britischen Firma – InstaDeep – eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet KI-basierter Arzneimittelforschung, -design und -entwicklung. Das 290 hochqualifizierte Fachkräfte umfassende Unternehmen bietet zudem Dienstleistungen in den Bereichen Bioengineering, Data Science und Softwareentwicklung an. Es ist in den Wirtschaftsbereichen Transport und Logisitk, Industrie und Finanzdienstleistungen unterwegs.
InstaDeep gilt als international führendes KI-Unternehmen, welches sich auch durch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Aktiengesellschaften wie Nvidia und Google Cloud auszeichnet.
Wie vorausschauend und weise diese Entscheidung BioNTechs war, dokumentiert der folgende Vergleich anschaulich. Zum 31.07.2023, dem Datum der faktischen Übernahme von InstaDeep, betrug der Börsenkurs von Nvidia 42,65 USD. Aktuell schwankt er in einer Bandbreite von 104 bis 153 USD. Ebenso weise ist BioNTechs Entscheidung, InstaDeep zu überlassen, auch weiterhin eigene Dienstleistungen nach Gutdünken auf der ganzen Welt zu erbringen und somit eigenständig Einkünfte zu generieren, die natürlich auch BioNTech zu Gute kommen.
Nobelpreisträgerin
Spätestens aber mit der Verleihung des Nobelpreises für Medizin, an die ehemalige BNTX-Mitarbeiterin (2013 – 2022) Katalin Kariko wird deutlich, dass es eigentlich keiner weiteren Bestätigung auf die Anwartschaft für zukünftige Größe bedurft hätte. Die im Jahre 2023 mit diesem Preis geehrte Wissenschaftlerin, die wie Ugur Sahin zu einer Gruppe von mRNA Enthusiasten gehörte – heute muss man MRNA-Pioniere sagen – ist auch weiterhin in beratender Funktion für das deutsche Unternehmen tätig. Eine Nobelpreisträgerin bereits als Mitarbeiterin beschäftigt gehabt zu haben als andere der mRNA Forschung noch skeptisch gegenüber standen, sagt einiges über die Güte des deutschen Unternehmens aus.
Kooperationen
BioNTech ist eine Vielzahl von Kooperationen mit internationalen Pharma- und Biotech-Unternehmen eingegangen. Das ist erst einmal nichts Ungewöhnliches. Schaut man sich diese etwas genauer an, erkennt man eine fein austarierte Mischung aus großen (Pfizer, Sanofi, Genentech/Roche, Regeneron) und kleineren Firmen (Duality Bio, Genmab, OncoC4, Fosun Pharma, Genevant); eine Mischung, die auch über zwei Unternehmen den chinesischen Markt bedient. Dass man mit der bereits erwähnten Biotheus Übernahme sogar ein eigenständiges deutsch-chinesisches Standbein aufgebaut hat, bestätigt einmal mehr die ambitionierte Ausrichtung des Mainzer Unternehmens.
Perspektive
Die aktuelle Presseberichterstattung über BioNTechs Geschäftsbericht für 2024 konzentriert sich in nachvollziehbarer Weise auf die Aspekte fallende Umsätze und die sich daraus ergebende Verluste für 2025 sowie die kompensatorischen Maßnahmen, wie Stellenabbau bzw. Verlagerung.
Diese Perspektive trübt jedoch den Blick für das große Ganze, der für einen langfristig orientierten Anleger absoluten Vorrang haben sollte. Die Covid-bedingten Umsatzrückgänge waren für jeden interessierten Beobachter vorauszusehen und stellen somit kein wirkliches Überraschungsmoment dar. Bei über 17 Mrd. Euro an Rücklagen ist ein für 2025 erwarteter Verlust von 0,7 Mrd. Euro fast eine Petitesse. Ähnliche hohe Verluste könnten über mehr als eine Dekade lang verkraftet werden. Dass trotzdem betriebliche Anpassungen – Stellenab- und Umbau – vorgenommen werden, spricht wiederum für eine weitsichtige Unternehmensführung.
Viel wesentlicher ist das langfristige Potenzial von BioNTech und das sieht hervorragend, wenn nicht sogar herausragend aus.
Sehr wahrscheinlich besteht im Jahr 2025 die letzte Chance, diese Aktie zu vergleichsweise günstigen Kursen erwerben zu können. Einzig ein fataler Börsencrash oder schlechte Ergebnisse eines Wirkstoffkandidaten in der entscheidenden Zulassungsphase könnte dies temporär ändern. Aber selbst bei diesem Negativszenario verbliebe immer noch das Potenzial der verbleibenden Wirkstoffe einer sehr umfangreichen Pipeline. Im Falle dieses Negativszenarios, würde die Wartezeit auf eine Zulassung noch einmal verlängert werden. Mit etwas Geduld sitzt dies ein Langzeit-Investor allerdings locker aus und nutzt diese Gelegenheit für weitere Zukäufe auf niedrigerem Kursniveau.
Unser finales Urteil und was uns besonders gefällt:
- Das mutige strategische Vorgehen in toto und die weise Übernahmepolitik
- Die umfangreiche Pipeline mit dem übergeordneten, multiplen Therapieansatz
- Die Tatsache, dass das Unternehmen sich sehr ambitioniert dazu bekennt, bis zum Jahr 2030 die Zulassung für insgesamt 10 Krebsmittel erhalten zu wollen.
- Die zahlreichen internationalen, klug austarierten Kollaborationen
- Die Präsenz auf dem chinesischen Markt
- Der unternehmerische Mut des Gründungspaares Ugur Sahin und Özlem Türeci sowie deren gewaltiges Arbeitsethos im Kampf gegen den Krebs
Aus den vorgenannten Gründen nehmen wir die BioNTech SE in unser Musterdepot „Future Corporate Leaders“ auf. Wir stellen 50 Aktien zum Schlusskurs vom 19.03.2025 in unser Depot ein.
Disclaimer:
Jeder Artikel gibt die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Diese ist das Ergebnis eigener Recherchen, die nach bestem Wissen und Gewissen und mit großer Sorgfalt durchgeführt worden sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Wertpapierberatung bzw. Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren. Vorsorglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Wertpapieren mit gewissen Risiken verbunden ist, mit Risiken, die im schlimmsten Fall zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.
Es wird ferner darauf verwiesen, dass Wertpapierkäufe auf sorgfältige eigene Analysen und Recherchen gegründet sein sollten. Weder Retail Investor noch der/die Verfasser eines Artikels haften für etwaig entstandene Verluste.
Retail Investor – Klaus-Uwe Becke
Hinweis
Retail Investor ist im Besitz von BioNTech Aktien. Verkäufe sind nicht beabsichtigt, Zukäufe sind geplant. Retail Investor verfügt über keinerlei Finanzderivate.